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Der Deddle RV Carbonic Liners 7.8 kommt aus China Foto: Deddle RV
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Debüt für China-Marke Deddle RV - Carbon-Reisemobil als Lockvogel

Zu Hause in China spielen die Reisemobile noch eine Nebenrolle. Mit Deddle RV will einer der führenden chinesischen Hersteller aber jetzt auch in Deutschland antreten. Dabei setzt man auf Premium- und Luxus-Modelle – mit einem ganz besonderen Highlight.

Vor dem auffällig in dunklen Grüntönen lackierten Reisemobil in Halle 11 des Düsseldorfer Caravan-Salons standen die Neugierigen Tag für Tag Schlange und warteten geduldig, bis sie den Innenraum des 7,84 Meter langen, mobilen Wohnriesens erkunden durften. Natürlich nicht, ohne zuvor wie in einem buddhistischen Tempel die Schuhe abzustreifen. Hier allerdings nicht aus religiösen Gründen, sondern weil der verlegte Hochflor-Flokati den Messeandrang wohl sonst nicht präsentabel überstanden hätte.  

Denn es ist der erste Auftritt des Deddle RV Carbonic Liners 7.8 der chinesischen New Gonow Group in Deutschland. Und nachdem die Autohersteller aus dem Reich der Mitte derzeit mit Macht auf den hiesigen Markt drängen, kündigt sich jetzt auch der Verkaufsstart der ersten und bisher einzigen chinesischen Caravaning-Marke hierzulande an. Das Landsberger Unternehmen La Marca übernimmt in einem Joint-Venture mit den Asiaten den Import und Vertrieb der Deddle-Reisemobile, die im Premium- oder gar Luxussegment angesiedelt sind. Zur Reisesaison 2025 sollen die ersten Kundenfahrzeuge ausgeliefert werden.

Der Deddle Liner, der nach gängigem Sprachgebrauch gar kein echter Liner ist, sondern ein Alkoven-Fahrzeug auf Basis des Iveco Daily mit 180 PS, stand in Düsseldorf zwar im Mittelpunkt, dürfte stückzahlenmäßig aber eher eine Nebenrolle spielen. Allein schon wegen des Preises von 477.000 Euro. Der erklärt sich hauptsächlich aus dem ungewöhnlichen Aufbau: Die gesamte Wohnkabine besteht aus Karbon, ist vollgepackt mit jeglichem Luxus und gleich zwei Slide-outs auf der Fahrerseite und am Heck, wiegt aber dennoch deutlich unter vier Tonnen und hat bei sieben Tonnen zulässigen Gesamtgewichts gigantische Ladereserven.

Die Highlights: Eine großzügige Küche auf der Beifahrerseite mit üppiger Arbeitsfläche, Zwei-Flammen-Gaskocher und Edel-Spülbecken, dazu Backofen, Mikrowelle, Geschirrspüler und Waschmaschine. Die an der Stirnfläche des Küchenblocks eingebaute Mini-Waschmaschine inklusive Trockenfunktion ist für drei Kilogramm ausgelegt. Im Raumbad mit eigener Duschkabine ist eine Keramik-Toilette von Thetford mit einem smarten Panasonic-Sitz fest installiert, der nach japanischem Muster eine Dusch-, Massage- und Bidet-Funktion beinhaltet.  

Das seitliche Slide-out gegenüber der Küche schafft in der Wagenmitte jede Menge Bewegungsfreiheit, auch weil statt einer Dinette ein breites Längssofa eingebaut ist, bei dem man sich durch Umklappen der mittleren Rücklehne mit einem kleinen Kaffeetisch begnügen kann oder mit einer pfiffigen Konstruktion unter dem Sofa einen breiten Esstisch hervorzaubert. Immer in Blickrichtung auf den großformatigen TV-Bildschirm, der automatisch hinter den Küchenoberschränken herunterfährt.  

Das zweite Slide-out im Heck verwandelt die Heckpartie in ein Schlafzimmer mit zwei Längsbetten, die ebenso wie die zwei Kojen im Alkoven-Doppelbett gut zwei Meter lang sind. Müßig zu erzählen, dass natürlich auch die Garage im Heck motorisierte Zweiräder aufnehmen kann, eine reichlich bestückte Bar mit Weinkühler an Bord ist sowie bis zu 800 Ah große Lithium-Ionen-Batterien und 15 Solar-Paneele mit 1800 Watt auf dem Dach für ein hohes Maß an Autarkie sorgen.  

Die Tankvolumen sind mit 310 Litern für Frischwasser und 290 Liter für Grauwasser ebenfalls üppig dimensioniert. Und tatsächlich hinterlässt auch das schicke, moderne Interieur sowie die Verarbeitungsqualität auf den ersten Blick einen sehr guten Eindruck. Verzichtet man übrigens auf die Vollkarbon-Kabine – auch das ist  
möglich -, lassen sich immerhin rund 100.000 Euro sparen.

Relevanter als der Liner-Lockvogel werden für den deutschen Markt allerdings die nur sechs Meter langen Modelle der Chinesen sein. Sie soll es in fünf Varianten geben, die in einer First Edition je nach Ausstattung zwischen 130.000 und 160.000 Euro angeboten werden. Natürlich ohne Karbon, aber auch mit Waschmaschine. Und es sind je nach Ausstattung schon ein oder zwei Slide-outs an Bord, die jeweils im hinteren Bereich die Bettfläche vergrößern und seitlich den Raum rund um die Sitzgruppe erweitern – hier auch in Dinetten-Ausführung. Die Modell-Varianten URV, E-SPL, E-Pro, Youfo und E-Max sind allesamt Alkoven-Modelle mit einem 160 PS starken Iveco Daily als Basisfahrzeug, ausschließlich in Kombination mit Automatikgetriebe.

Dass die Chinesen sich mit Ausnahme des Pseudo-Liners auf die 6-Meter-Klasse fokussieren, liegt in erster Linie am Heimatmarkt, wo das Caravaning-Pflänzchen zwar erst nach und nach am Erblühen ist, aber die von einer Tochtergesellschaft der Messe Düsseldorf ausgerichtete All-In-Caravaning in Peking von Jahr zu Jahr wächst. In China gibt es keine Gewichtslimits für die Reisemobile, sondern lediglich die Begrenzung auf sechs Meter Länge, um sie noch mit dem Pkw-Führerschein bewegen zu dürfen.

Die New Gonow Group peilt gemeinsam mit La Marca langfristig fünf Prozent Marktanteil an und will dazu das Fahrzeugprogramm um Kastenwagen, Caravans und Zubehör erweitern. Aber das ist derzeit noch ferne Zukunftsmusik. Erst muss es einmal richtig losgehen. Schließlich war der Weg auch bei den Pkw-Kollegen ein langer und holpriger. Das Interesse an chinesischen Reisemobilen war in Düsseldorf jedenfalls groß. Die Kaufbereitschaft ist da. Die hohen Erwartungen müssen allerdings auch erfüllt werden.

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