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Sonst noch was? Foto: SPX

Sonst noch was? - Verrechnet

Manche Probleme sind wie alte Bekannte. Sie begleiten einen durch das ganze Leben. Andere kommen neu dazu. Genau wie die Lösungen.

Sommerzeit, Reisezeit, Zeit, das Leben in vollen Zügen zu genießen. An dieser Stelle böte sich eine billige Polemik über das 9-Euro-Ticket an, auf die wir hier aber gut gelaunt verzichten. Wir wollen über Erfolge reden. Erfolge der Deutschen Bahn zum Beispiel. Ja doch, die gibt es. Die Bahn bringt heute Tag für Tag 51.000 Züge ins Rollen, 2010 waren es nur 47.000. Das ist doch Fortschritt. Und die Nutzungsintensität des Streckennetzes hat sich seit der Bahnreform 1994 bis heute um mehr als 60 Prozent erhöht.

Leider wurde unterwegs vergessen, das Netz dem erhöhten Bedarf anzupassen und jetzt sind einzelne Strecken zu 125 Prozent ausgelastet. Mathematisch scheint das Unfug, weil wenn etwas zu 100 Prozent ausgelastet ist, ist es eben ausgelastet. Die Bahn schafft tollkühn 125 Prozent. Wie geht das?

Anscheinend nur so mittel, wie wir dieser Tage via Verkehrsministerium erfuhren. Rund 200 Güterzüge stehen nur rum, sind quasi im Stau auf dem Abstellgleis. Die begehrten ICEs kommen nicht so ganz an die in anderen Ländern übliche Pünktlichkeit heran. Während in Japan ein Lokführer wegen einer vermeintlich von ihm verschuldeten Verspätung von weniger als 15 Sekunden vor dem Arbeitsgericht um seinen Job kämpfen musste (und gewann), gelten hierzulande Züge im Zeitfenster von 6 Minuten rund um die Abfahrtszeit als pünktlich. Diese Art von Pünktlichkeit erreichten im Mai immerhin 62,7 Prozent der Züge. Normalerweise sollen es acht von zehn Zügen schaffen.

Bei Schienen- oder Bahnhofneubauten, man denke nur an die Rheinschiene und ihre Anbindung ans Schweizer Tunnelsystem oder Stuttgart 21, wird die Verspätung inzwischen in Jahrzehnten gemessen. Man muss eben auch mal flexibel sein. Wobei, genau damit will der Verkehrsminister jetzt aufhören. Es gibt eine neue Steuerungsgruppe und eine Beschleunigungskommission. Wie war das noch gleich? ,,Wenn Du nicht mehr weiterweißt, dann bilde einen Arbeitskreis." Dass wird schon klappen. Wir sind da zuversichtlich. Nur vielleicht nicht mehr in diesem Jahrhundert.

In einem anderen Jahrhundert sind auch Teile der Autoindustrie noch unterwegs. Das Auto von heute und morgen ist vernetzt, interaktiv und kommunikativ, quasi ein großes iPad auf Rädern. Letzteres benötigt große Bildschirme. Das haben die Autobauer verstanden und ihre Fahrzeuge mit immer mehr und immer größeren Displays versehen. Wobei der alberne Wettlauf, wer diesbezüglich den größten hat, langsam aufhören könnte. Das Problem ist ja nicht wirklich der Bildschirm, sondern dass, was man darauf sieht. Inhalte eben. Da hat so ein Auto eine Menge zu bieten. Drehzahlmesser, Tacho, Navi, Telefon - nur dafür bräuchte man die Displays nicht, das ging früher auch ohne. Tatsächlich sammelt so ein Auto jede Menge Daten, die man gerne monetarisieren möchte. So wie Apple das bei den Smartphones vorgemacht hat. Man weiß halt nur nicht wie. Bevor nun Apple auf die Idee kommt, rund um das firmeneigene Know-how in Sachen Inhalte und dergleichen ein Auto zu bauen, das den einfachen Mobilitätsbedürfnissen der künftigen Kundschaft genügt - fahr mich von A nach B und stör mich nicht beim Tiktocken - offerieren manche Hersteller jetzt ihr Auto Apple gleich ganz als Spielfläche. Kann man machen. Man spielt dann halt in Zukunft selbst nicht mehr mit.

So wie die Global Dream und ihr Schwesterkreuzfahrschiff, äh, Global Dream II. Erst kam Corona, dann Materialmangel und jetzt noch der Krieg in der Ukraine und schon stehen die beiden als größte und luxuriöseste Kreuzfahrtschiffe der Welt geplanten Welt-Träumchen ziemlich fertig auf dem Trockenen. Ziemlich fertig, weil eben nicht ganz fertig. Die Werft ist pleite, die Arbeiter sind weg und frisches Geld kommt auch keins nach, weil der Bedarf an Riesenkreuzfahrtschiffen gerade deutlich geschrumpft ist. Jetzt werden die komplett neuen Schiffe einfach verschrottet. An dieser Stelle erlauben wir uns noch daran zu erinnern, dass auch der Bedarf an besonders bequemen Riesenflugzeugen nicht ganz den vorgerechneten Zahlen entsprach. Wie sich das mit den Absatzzahlen für immer größere SUV so verhalten wird, ist noch nicht raus. Sonst noch was? Nächste Woche wieder.

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