Fahrbericht: Weinsberg Pepper - der Golf unter den Reisemobilen - Scharfe Sache

Sondermodelle bescheren den Kunden immer einen Preisvorteil. Beim Weinsberg 600 MEG Pepper sind es über 12.000 Euro, weshalb es nicht verwundert, dass er zum meistverkauften Teilintegrierten in Deutschland aufgestiegen ist.

Stellen Sie sich vor, Sie kommen vom Einkauf zu ihrem blauen VW Golf - und sehen plötzlich doppelt. Auf dem großen Parkplatz steht direkt neben ihrem Auto der gleiche Wagen. Gleicher Typ, gleiche Farbe. Zugegeben, das ist selbst bei einem Mega-Bestseller wie dem Wolfsburger Kompakten höchst unwahrscheinlich. Doch wie groß muss da erst die Überraschung sein, wenn man zu seinem Reisemobil zurückkehrt und unmittelbar nebenan das exakt gleiche Fahrzeug ein Übernachtungsplätzchen gefunden hat.
 
Es ist uns mit dem Weinsberg CaraCompact 600 MEG Pepper gleich zweimal passiert. Auf einem Stellplatz in Freiburg und auf einem Campingplatz im Burgund, wo der Teilintegrierte allerdings ein paar Plätze weiter entfernt stand. So sehr das auch alles Zufall sein mag, nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit ist die Chance auf solch eine Begegnung der besonderen Art bei keinem anderen aktuellen Reisemobil höher, denn die Edition Pepper der Einsteigermarke aus dem Knaus-Tabbert-Konzern hat sich im Baujahr 2017 zum meistverkauften Teilintegrierten in Deutschland gemausert.
 
Das hat gute Gründe. Editionsmodelle bringen Kunden ja immer einen gewissen Preisvorteil, aber die Marke Weinsberg treibt es hier tatsächlich auf die Spitze und packt zusätzliche Sonderausstattungen im Gegenwert von deutlich über 12.000 Euro in die pfeffrige Version zum Preis von 49.899 Euro. Eine echt scharfe Sache. Denn eine Markise, ein Radio mit Navigation und Touchscreen, Klimaanlage im Fahrerhaus, Rückfahrkamera und selbst eine komplette TV-Sat-Anlage mit 21,5-Zoll-Flachbildschirm gehören ab Werk zum Lieferumfang.
 
Und das sind nur die dicksten Posten, die sonst meist nur gegen saftige Aufpreise zu haben sind. Eine beidseitig zugängliche Garage, ein Midi-Hebe-Kipp-Dachfenster in der Fahrzeugmitte anstelle einer Dachluke oder auch Leichtmetallfelgen sind aber ebenfalls keine Selbstverständlichkeit. Dass der 6,74 Meter lange Pepper nicht auf dem sonst üblichen Fiat Ducato aufbaut, sondern auf den 130 PS starken Peugeot Boxer vertraut, soll sich auch positiv auf die Preisgestaltung ausgewirkt haben.
 
Im Fahrbetrieb zeigen nur geringe Unterschiede zum technisch eng verwandten Marktführer aus Italien. Der Peugeot-Motor in dem teilintegrierten Weinsberg, der in der 3,5-Tonnen-Klasse beheimatet ist, aber mit nur 2.680 Kilogramm Leergewicht sehr leicht ist, bereitet dem gallischen Löwen keinerlei Probleme. Leichtfüßig und agil fühlt sich das Fahrzeug fast wie ein Kastenwagen an. Der Diesel läuft flott, macht auch an Steigungen nicht schlapp und begnügt sich dennoch mit knapp über zehn Litern Sprit im Durchschnitt. Die Geräuschkulisse lässt auch bei flottem Tempo noch Unterhaltungen im Fahrerhaus mit normaler Lautstärke zu. Dennoch dringen über die weit vorne positionierte Aufbautür stärkere Außengeräusche nach innen.
 
Und der Wohnbereich? Weinsberg gilt schließlich als Einsteigermarke, was sehr oft gleichgesetzt wird mit Billigmarke. Doch schon beim ersten Betreten wird klar: Die Einrichtung ist wirkt einfacher und schlichter als etwa in einem Knaus-Modell, aber keineswegs billig. Die Sitzecke wird aus der Zweiersitzbank und den beiden drehbaren Frontsitzen gebildet, wobei eine kleine Stufe zur Stolperfalle werden kann. Der an der Seitenwand eingehängte Tisch lässt sich mit einer ausschwenkbaren Verlängerung erweitern. Eine einfache, aber funktionale Lösung.
 
Hobbyköche werden mit dem Küchenblock zufrieden sein. Neben dem Drei-Flammen-Kocher mit automatischer Zündung und dem großem Spülbecken bietet er immerhin noch einen schmalen Arbeitsbereich und mit einem ausstellbaren Klappbrett wird eine zusätzliche Abstellmöglichkeit. Die große Küchenschublade ist sehr praktisch, auch wenn es dann ziemlich eng wird im Gang. Die Unterschränke sind dagegen nicht so einfach zugänglich, da muss man eventuell tief tauchen. Der 146-Liter-Kühlschrank mit Gefrierfach befindet sich dagegen in bedienungsfreundlicher Höhe.
 
Das gegenüberliegende Bad ist zwar nicht groß, aber sehr zweckmäßig mit einem verschiebbaren Waschbecken, einer Keramik-Kassetten-Toilette und eine Dusche mit Falttür eingerichtet. Ein paar Haken für Waschlappen oder Handtücher wären allerdings nicht schlecht gewesen.
 
Im Heck laden zwei Einzelbetten zur nächtlichen Ruhe ein. Wer lieber kuscheln möchte, kann die beiden 1,88 Meter und 1,94 Meter langen Kojen mit einem Zwischenteil auch zu einer großen, fast zwei Meter breiten Liegewiese erweitern. Minuspunkt: Die Stauschränke über dem Kopfteil bergen die Gefahr unliebsamer Kollisionen. Zwei Kleiderschränke unter den Fußteilen der Betten bieten zwar reichlich Platz für Klamotten, unbequem wird es allerdings, wenn man in der Tiefe etwas suchen muss.
 
In puncto Stauraum kaum zu toppen ist die Heckgarage unter dem Schlafzimmer. Da bleibt neben zwei Fahrrädern noch reichlich Raum für Campingmöbel und jede Menge Krimskrams. Einziger Wermutstropfen: Die beiden 11-Kilo-Gasflaschen sind nur über eine große Klappe in der Garage zu erreichen, und die sollte nicht zugestellt werden.
 
Ein dickes Lob verdient sich der teilintegrierte Weinsberg auch mit seiner zentralen Service-Einheit auf der Fahrer-Außenseite. Dort befinden sich zur sauberen Entsorgung die Regler für das Ablassen der frostgeschützt untergebrachten Frisch- und Abwassertanks sowie der Stromanschluss und die Einfüllöffnung für die maximal 110 Liter Frischwasser. Auch der Abwasserbehälter ist mit 95 Litern üppig dimensioniert.
 
Fazit: Im Preis-Leistungsverhältnis ist dieser Weinsberg 600 MEG Pepper nicht zu schlagen. So etwas bleibt im preissensiblen Reisemobilmarkt natürlich nicht verborgen. Deshalb ist es kein Wunder, dass das Editionsmodell der Einsteigermarke binnen einem Jahr zum Golf unter den Reisemobilen aufgestiegen ist.

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