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Sonst noch was? Foto: SP-X

Sonst noch was? - Fortschritt mit und ohne Zahlen

Im Wettbewerb zwischen Straße und Schiene liegt die Straße diese Woche vorn, wenn es um positive Nachrichten geht. Dafür prahlt die Bahn mit Statistik.

Es gibt Fortschritte zu melden. Und zwar aus der alten Autowelt. Im richtigen Leben verbrauchen Autos gar nicht mal so viel mehr, wie im Prospekt versprochen. Die WLTP-Angaben bestätigen sich zwar in der Praxis nicht ganz, im Schnitt weichen die Fahrzeuge aber nur noch um ein Fünftel vom Normwert ab. Das hat der Flottendienstleister Leaseplan bei der Analyse von Tankdaten seiner Kunden ermittelt, und zwar über alle Pkw-Hersteller. Im Jahr 2017 lag der Wert noch bei 30 bis 60 Prozent. Geht doch. Ändert aber nichts an den Elektrifizierungsplänen und Vorgaben.

Muss ja auch nicht. Selbst spaßbetonte Marken wie Fiats Sportableger Abarth setzen inzwischen auf E-Motoren. Wobei die Italiener dem Thema Verbrenner schon ein wenig lauter nachweinen als andere. Der elektrische Nachfolger des 695 Abarth klingt fast wie sein bollernd-kreischender Verwandter aus der alten Motorwelt. Digitales Sounddesign macht's möglich. Für diejenigen, die das brauchen, sicher eine tolle Sache. Die anderen können es ja ausschalten.

 Was auch wieder gut ist. Zum Beispiel wenn man mit dem Auto nach Kopenhagen will. Die dänische Hauptstadt sperrt nämlich Autoposer aus, also solche, die gerne mit hochdrehenden Motoren und entsprechendem Geräuschpegel durch die Partyzonen der Stadt flanieren. Ab 1. Juni werden die entsprechenden Straßen gesperrt. Schluss mit lustig, wenn lustig gleich laut ist.

Laut wurde es dieser Tage bei Durchsagen der österreichischen Bahn. Zwei Volldeppen fanden es im Schnellzug von St. Pölten nach Wien witzig, Sieg-Heil-Rufe, Nazi-Phrasen und einen Teil einer Hitler-Rede über die Bordlautsprecher zu senden. Die beiden bislang unbekannten, aber auf Videos gut erkennbaren Dumpfbacken hatten sich mit einem Schlüssel Zugang zum Bordsystem verschafft und ihre Art der Volksbelustigung abgespielt. Bahn und Passagiere fanden das weniger lustig. Und natürlich ist ausgeschlossen, dass es Bahnmitarbeiter waren.

Ein ÖBB-Sprecher teilte außerdem mit, bei dem fraglichen Schlüssel mit dem Zugang zum Lautsprechersystem handele es sich um einen europaweit eingesetzten Standardschlüssel, von dem wohl einige zehntausend Stück existieren würden. Was die Frage auswirft, warum man überhaupt noch abschließt, wenn jeder Depp einen Schlüssel haben kann. Immerhin schaffte es die Bahn in Österreich mit dem Quatsch in die internationalen Medien.

Die deutsche Bahn landet da nur mit Plänen und Statistiken. Eins muss man der DB lassen: Das Prahlen mit Zahlen hat man drauf. Fast Zweidrittel aller Züge waren im vergangenen Jahr pünktlich, erklärte der Konzern auf eine Kleine Anfrage der Linken im Bundestag. Und nur 0,8 Prozent aller Fernzüge sind ausgefallen. Wenn man das allerdings auf 1.600 Züge am Tag umrechnet und mit den Tagen eines Jahres multipliziert, wie es die Kollegen vom Spiegel getan haben, stellt man fest, dass gut 4.000 Fernzüge im Jahr einfach ersatzlos wegfielen. Hinzu kommen nochmal schlanke 37.000 ausgefallene Regionalzüge. Außerdem wurden 230 Störungen im Netz gezählt - pro Tag, versteht sich. Dafür klappt das aber mit der Elektrifizierung wenigsten. 56 Kilometer neue Oberleitungen wurden verlegt, nicht am Tag, sondern im Jahr. Bis 2030, dem Jahr, das die Berliner Ampel für die Elektrifizierung von 75 Prozent ihres Verkehrsträgers vorsieht, ist ja noch ein bisschen Zeit. Allerdings dauert es bis zur Zielerreichung beim aktuellen Tempo, den Kollegen vom Stern zu Folge, noch ungefähr 90 Jahre. Aber was ist das schon?

Erfreuen wir uns lieber an praktischen technischen Fortschritten. Nachdem die Steckdosen in Straßenlaternen noch nicht ganz den erhofften Durchbruch gebracht haben bei der Elektrifizierung des Autoverkehrs in Städten, testet Köln nun gemeinsam mit dem Rüstungs- und Technologiekonzern Rheinmetall aus Düsseldorf Ladebordsteine. Das sind Bordsteine mit integrierter Ladesteckdose. Wenn sich also bei Straßenarbeiten in der Nähe ein Stromkabel findet, könnte man dieses einfach anschließen und hätte einen neuen Ladepunkt am Straßenrand wirklich dezent platziert. Bei Straßenneubauten - so was soll es gelegentlich noch geben - könnten die Ladebordsteinen noch ohne Elektrik-Baustein verwendet und später angeschlossen werden. Klasse Idee. Falls also in Köln zufällig ein Parkplatz freiwerden sollte, man ein E-Auto besitzt und gerade parken will, kann man am Straßenrand laden. Und noch cleverer gemacht von der Firma Rheinmetall aus Düsseldorf. Falls der Versuch nicht die gewünschten Ergebnisse bringt, schiebt man es einfach auf die ungeliebte Stadt ein paar Kilometer weiter den Rhein hoch und ist imagemäßig fein raus. Sonst noch was. Nächste Woche nicht. Da ist Feiertag.

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