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Toyota hat den Hilux mit einer Brennstoffzelle ausgerüstet Foto: Toyota
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Toyota Hilux FCEV - Die Brennstoffzelle bleibt

Die Brennstoffzelle ist nicht nur etwas für den Pkw, findet Toyota. Und baut sie nun testweise in einem Nutzfahrzeug ein. Und das kann bei einer ersten Probe überzeugen. 

Vor gut drei Jahrzehnte startete Toyota parallel die Entwicklung zweier neuer Antriebstechnologien. Die eine war der Hybrid - und ist mittlerweile längst zu einem globalen Bestseller geworden; jedes Jahr wird die Kombination aus Verbrennungsmotor und E-Antrieb in Millionen Neuwagen eingesetzt. Die andere war die Brennstoffzelle. Und auch die soll nun endlich zum Erfolg werden. 

Das bisher prominenteste Beispiel von Toyotas Brennstoffzellen-Engagement, die Wasserstofflimousine Mirai, hat es noch nicht geschafft, der Technik zum Durchbruch zu verhelfen. Zumindest, was die Verkaufs- und Produktionszahlen angeht. Eine niedrige fünfstellige Stückzahl haben die Japaner in den vergangenen zehn Jahren gefertigt, viel mehr dürften es auch in der nächsten Dekade nicht werden. Am Mirai selbst liegt das nicht: In der mittlerweile zweiten Generation ist der ehemalige Technologieträger zu einer ansehnlichen Limousine erblüht, die ordentlichen Alltagsnutzen mit guten Fahrleistungen kombiniert. Und dabei mit rund 66.000 Euro nicht mehr in astronomischen Preisregionen rangiert.

Auch die Antriebstechnik selbst trägt keine Schuld. Die ist mittlerweile so ausgereift, dass Toyota sie außerhalb des Mirai einsetzt. Aktuell etwa im Pick-up Hilux. Zehn Prototypen mit Leiterrahmen-Fahrwerk und Mirai-Brennstoffzellen hat die Spezialbau-Abteilung des Konzerns im britische Derby gefertigt, einer davon stand nun für eine kurze Ausfahrt zur Verfügung. Ort: Das Entwicklungszentrum im belgischen Zaventem, in dem auch der europäische Teil von Toyotas ,,Hydrogen Factory" beheimatet ist, die künftig die Vermarktung der Technik anschieben soll. 

Dass es sich bei dem emissionsfreien Pritschenwagen um einen Prototypen handelt, ist einzig am gelben Notaus-Schalter hinter dem Lenkrad zu erkennen. Ansonsten könnte das Cockpit, das Elemente von Hilux, Mirai und den Batterie-E-Autos des Konzerns mixt, fast aus der Serie stammen. Noch stärker wird das Gefühl, in einem fertigen Auto zu sitzen, hinter dem Lenkrad. Dass der 128 kW/174 PS leistendes Fuel-Cell-Stack und der 134 kW/182 PS starke Motor normalerweise im deutlich kleineren und leichteren Mirai sitzen, ist nicht zu merken. Der kernige Hilux wirkt keinesfalls untermotorisiert, setzt sich über die Hinterräder mit vehementer Elektro-Power in Bewegung und zieht gleichmäßig und linear bis Tempo 100. Gerade im direkten Vergleich mit dem Dieselmodell wirkt die Fuel-Cell-Ausführung fast anstrengungslos, ohne Vibration und rauem Verbrennerklang. Lediglich der Kompressor ist zu hören, wie er Luftsauerstoff in die Zellen saugt. Relativ geräuschvoll, aber Toyota gibt sich sicher, das Schallniveau auf das leise Hintergrund-Pfeifen zu dimmen, das man aus dem Mirai kennt.

Gegenüber der Batterie hat die Brennstoffzelle im Hilux vor allem zwei Vorteile: Das geringere Gewicht, das die Nutzlast des Pritschenwagens weniger beeinträchtigt als eine Batterie mit vergleichbarer Reichweite. Und die kürzeren Betankungszeiten: Rund fünf Minuten soll der Hilux benötigen, um die Hochdrucktanks im Leiterrahmen mit genug Gas für gut 600 Kilometer Fahrt zu füllen. Prinzipiell könnte das Fahrzeug somit rund um die Uhr im Einsatz sein. Für manche gewerbliche Nutzer wie Logistiker oder Taxibetreiber ist das ein gewichtiges Argument.  

Dass Endkunden in absehbarer Zeit den Brennstoffzellen-Pick-up kaufen können, ist aber eher unwahrscheinlich. Der Fuel-Cell-Hilux wird wohl nicht in Serie gehen, dient in erster Linie zum Sammeln weiterer Erkenntnisse und Erfahrungen. Toyota will vor allem herausfinden, wie die Kunden mit der Technik klarkommen würden und wie sie sie ein entsprechendes Fahrzeug tatsächlich einzusetzen gedenken. Ob die Brennstoffzelle am Ende wirklich in einem Pick-up oder eher in einem Kastenwagen oder einem Robotaxi zum Einsatz kommt, ist offen. 

Klar ist nur, dass der Kunden nicht mehr wie früher automatisch ein Pkw-Fahrer sein muss, auch wenn Toyota betont, weiterhin entsprechende Modelle anbieten zu wollen. In Japan startet nun etwa das Markenflaggschiff Crown mit der Technik. Darüber hinaus hat der weltgrößte Autohersteller seinen Fokus aber erweitert, etwa auf Nutzfahrzeuge, die Bahn, Schiffe oder stationären Brennstoffzellen. ,,Es gab keinen offiziellen Strategieschwenk", erläutert Thiebault Paquet den modifizierten Ansatz. Die Einsicht, die Zielgruppe auf neue Anwender zu erweitern sei vielmehr über die Zeit gewachsen. ,,Wir müssen Mobilität allgemein in den Blick nehmen, nicht nur das Auto", so der Chef der europäischen Brennstoffzellenentwicklung. 

Was für die Pläne spricht: Das generelle Klima für die H2-Technik ist gut wie nie. Denn klar ist, dass Wasserstoff vor allem in Japan und Europa zu einem wichtigen Energieträger für eine grüne Zukunft wird. Die Politik will Produktion, Transport und Nutzung international stark beschleunigen. Für die komplette Industrie, aber auch im Transportwesen. Europa etwa plant, an den Hauptverkehrsachsen alle 200 Kilometer eine Wasserstofftankstelle zu bauen. Vornehmlich für Lkw, nutzen können sie aber auch Transporter und Pkw. Noch allerdings ist vieles unklar, vor allem wie grün und wie günstig Wasserstoff wird. Im Vergleich mit direkt getanktem Grünstrom dürfte er wohl spürbar teurer sein. 

Doch die Vorteile bei Betankungszeiten und Gewicht könnten das in bestimmten Einsatz-Szenarien ausgleichen, hofft Toyota. Dass die Japaner die passende Technik in der Hinterhand haben, soll nicht zuletzt der serienreif wirkende Hilux-Prototyp unterstreichen. Dabei repräsentiert er noch nicht mal die fortgeschrittenste Variante der Toyota-Brennstoffzelle. Die soll erst ab 2026 auf den Markt kommen und bei 20 Prozent besserer Effizienz in der Produktion 37 bis 50 Prozent günstiger sein. Außer in Nutzfahrzeugen dürfte sie dann auch in ein bis zwei Pkw-Modellen zum Einsatz kommen. 

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