Skurril und steril: Die DTM und die Corona-Saison

Die DTM ist am Wochenende im belgischen Spa in ihre neue Saison gestartet und hat unter Beweis gestellt, dass das Sicherheits- und Hygienekonzept funktioniert. Sportlich dominierte Audi die Konkurrenz nach Belieben.


Nico Müller legte sich auf sein Auto, bejubelte seinen Auftaktsieg beim DTM-Saisonstart in Spa überschwänglich. Allerdings auch alleine, denn inmitten der Coronavirus-Pandemie fällt die Freude im wahrsten Sinne des Wortes distanzierter aus. Selbst, als er den traditionellen Champagner verspritzte, galt es, Abstand zu halten.

Die neue Normalität also, die auch in der DTM Einzug gehalten hat. Es ist deshalb ein seltsames Gefühl, wenn man durch das im Vergleich zu früher nahezu verwaiste Fahrerlager geht. Röhren gerade keine Autos auf der Strecke, ist es in den Ardennen rund um den Traditionskurs auf skurrile Art und Weise ruhig. Beschaulich. Und damit im Grunde unpassend für ein Motorsport-Event. Denn Fans waren auch keine da. Wo also sonst Menschen durch das Fahrerlager flanierten und wimmelten, war es übersichtlich. Steril. So, wie es in Corona-Zeiten nun mal sein muss.

Denn nur ein ausgeklügeltes Sicherheits- und Hygienekonzept hat den verspäteten Start in die neue Saison überhaupt erst möglich gemacht. Bedeutete in Belgien: Keine Fans, Sicherheitsabstände, dazu eine Maskenpflicht, verschiedene, abgetrennte Bereiche im Fahrerlager und Schnelltests bei Verdachtsfällen, die es allerdings nicht gab. DTM-Chef Gerhard Berger sprach deshalb auch von einem "gelungenen Wochenende". Für alle Beteiligten war es das, denn was zählte war, dass es endlich wieder losgeht, dass man die Saison über die Bühne bringt, dass die Show weitergeht.

Doch wie war es denn auf dem Mini-"Podium" vor seinem Auto? Emotional, auch ohne Fans? "Es immer emotional. Es ist aber traurig, dass man die Freude nicht mit den Fans teilen kann, aber auch, dass man nicht in die Arme der Mechaniker springen kann. Das ist nicht ganz einfach, das muss ich zugeben", sagte Müller, der nach den ersten beiden Rennen die Gesamtwertung mit 46 Punkten anführt, gefolgt von seinem Audi-Markenkollegen Rene Rast. Der Titelverteidiger hatte den zweiten Lauf am Sonntag gewonnen.

Eine weitere Erkenntnis: Audi war in Spa das Maß der Dinge, feierte gegen BMW zwei Fünffachsiege. Über weite Strecken mit einer solchen Dominanz, dass sich die Frage stellt: Geht das jetzt die ganze Saison so? Feiert sich Audi in der Abschiedssaison von Sieg zu Sieg? Bereits 2019 hatte BMW über weite Strecken keine Chance. "Das einzige, das ich mir noch gewünscht hätte, ist, dass BMW mehr auf Augenhöhe mit Audi wäre. Das waren sie an diesem Wochenende ganz klar nicht", sagte Berger. Seine Ansage nach München: "Ich hoffe, dass BMW bis zum nächsten Rennen seine Hausaufgaben so macht, dass sie auch im Kampf um den Sieg eine Rolle spielen können." Denn klar: Bei zwei Herstellern gibt es für die Spannung nichts Tödlicheres als einen Autobauer, der das Geschehen nach Belieben dominiert.

Bis zum Doppelpack auf dem Lausitzring (14.-16. und 21.-23. August) hat BMW eine Menge Hausaufgaben zu erledigen. "Wir müssen uns jetzt in die Daten stürzen, alles analysieren und Lösungen finden", weiß BMW-Pilot Lucas Auer. Das ist allerdings oft einfacher gesagt als getan. "Das Reifenmanagement ist uns erneut sehr schwergefallen, daran müssen wir arbeiten. Zuverlässigkeit und Top-Speed haben gepasst, die Pace im ersten Stint vor allem in den Sektoren zwei und drei nicht. Das müssen wir analysieren", sagte BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt. Er fordert: "Bis zum Lausitzring müssen wir generell unser Paket noch verbessern, auch wenn die Reifen dort keine so große Rolle spielen sollten wie hier in Spa." Damit auch BMW etwas zu feiern hat.

Andreas Reiners / mid

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