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mid Groß-Gerau - Obwohl wir den gewaltigen Ford F-150 Lightning Pickup in den USA gefahren haben, ist er immer noch zu groß. Punktum. Axel E. Catton
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Mit dem F-150 Lightning Ford Pick-up in Amerika

Wie gewaltig ist der Ford F-150 Lightning Pick-up? Gastautor Axel E. Catton hat den Ford für den Motor-Informations-Dienst (mid) in Amerika getestet.


Wie gewaltig ist der Ford F-150 Lightning Pick-up? Gastautor Axel E. Catton hat den Ford für den Motor-Informations-Dienst (mid) in Amerika getestet.

Also gut, fangen wir gleich mal mit dem größten Kritikpunkt an, dann haben wir das aus dem Weg. Obwohl wir den gewaltigen Ford F-150 Lightning Pickup in den USA gefahren haben, ist er immer noch zu groß. Punktum. Mit 5,91 Meter Länge ist er zwar zu lang, das macht aber wenigstens im Land der unmöglichen Begrenzungen nichts. Aber mit 2,03 Metern ist er zu breit, die Spiegel noch gar nicht eingerechnet. Mit den Elefantenohren sind es dann 2,44 Meter, was das Durchfahren von Mautstellen selbst in den USA zu einer Herausforderung macht.

Über das Gewicht der Batterie gibt es keine offiziellen Angaben, amerikanische Medien spekulieren jedoch von gut 800 Kilo für die in unserem Modell verbaute 131-kWh größere Variante. Dass Ford in seinen technischen Daten auch das Leergewicht nicht angibt, sagt wohl viel aus, denn schon leer wiegt der Stromer mit 2.950 Kilo rund ein Drittel mehr als seine Benzinbrüder, bevor überhaupt jemand eingestiegen ist oder auch nur ein Fahrrad zugeladen wurde.

Gut, dann haben wir das ja besprochen. Warum aber sage ich dennoch, dass dieser F-150 einen Blick auf die vollelektrische Zukunft gibt, so wie wir sie uns wünschen? Na klar, bis zu 514 Kilometer Reichweite sind erstaunlich, aber machbar, wenn man so eine große Batterie hat. Und auch an die irren Beschleunigungswerte von rund vier Sekunden von 0 auf 100 km/h (für so einen Möbelwagen) haben wir uns gewöhnt.

Doch während unserer knapp einwöchigen Testzeit hat sich der Lightning dem Autor und allen Mitfahrern so ans Herz gelegt, weil er alles Gute des E-Autofahrens zusammenbindet. Er macht keinen auf Star Trek und muss trotz der Größe eines kleinen Dorfs beim Rückwärtsfahren nicht piepen. Pluspunkte. Dass der F-150 aber beim Fahren keine Geräusche macht, mag nur dem gemeinen Leser normal vorkommen.

Man darf dabei nicht vergessen, dass hier drei Tonnen dank 433 kW/589 PS Systemleistung auf eine mögliche Geschwindigkeit von fast 180 km/h katapultiert werden können, und - wichtiger noch - auch in schnelle Kurven geworfen. Da bedarf es also eines sehr guten Reifens, der all diese Anforderungen erfüllen kann, und dann trotz alledem so leise ist, dass er das geräuschlose Erleben im Lightning komplettiert.

Der in unserem Lariat-Modell verbaute, riesige Grabber 275/60R20 von GeneralTire war bis 100 km/h erstaunlich geräuscharm. Darüber geht dann auch akustisch die Post ab im meistverkauften Fahrzeug in den USA (von den Benzinvarianten wurden im Vorjahr knapp 654.000 Exemplare verkauft, vom auspufflosen "Blitz" dagegen nur 15.617, also weniger als 2,5 Prozent). Denn so sehr die Technik in Bezug auf Antrieb und Reifen vorangeschritten ist, der Wind fordert bei hohen Geschwindigkeiten noch immer unnachgiebig seinen Tribut. Ab 100 km/h muss das akustische Erleben wohl in Windstärken gemessen werden, aber in den USA ist in den meisten Fällen bei rund 110 km/h sowieso Schluss.

Die Geräuschlosigkeit und die affenartige Beschleunigung allein sind es aber nicht, die den Eindruck beim Redakteur hinterlassen haben, sowas will er auch. Am eindrucksvollsten ist das Ein-Pedal-Fahren, das man mittlerweile bei vielen E-Autos erleben kann, nirgendwo aber so perfekt wie beim Lightning. Durch das hohe Gewicht und die dadurch notwendige starke Verzögerung bedingt, ist die Rekuperation von Energie zurück in die Batterie so dramatisch, dass man bei schneller Fahrt quasi niemals den Fuß ganz "vom Gas" nimmt.

Man muss sich das so vorstellen, wie ein sehr schnelles Motorboot. Wer da bei voller Fahrt den Motor abstellt, fährt beinahe vor eine Wand, das Boot sinkt sofort ins Wasser und verzögert heftig. Ähnlich ist es beim Lightning. So lernt der Fahrer schon nach wenigen Metern, nie ganz vom Fahrpedal zu gehen, sondern nur die Pedalstellung so zu modulieren, dass man die Geschwindigkeit erzielt, die man will.

Gefallen hat uns die versteckt in der Heckklappe angebrachte "Außenleiter", mit deren Hilfe man die 1,70 m x 1,29 m (zwischen den Radhäusern) große Ladefläche betreten kann. Praktisch ist der beim E-F150 vorn angebrachte "Frunk", also der Vorderkofferraum, in den großzügige 400 Liter passen.

Apropos großzügig. Die ganze Überdimensionierung hat natürlich neben ausreichend Platz für die Riesenbatterie noch einen anderen Nebeneffekt: der Innenraum dieses Lastwagens erweist sich als ausgesprochen geräumig für bis zu fünf Personen.

Alles in allem zeigt der Lightning, dass er bei Preisen in den USA, die bei 56.000 Dollar anfangen (vor 7.500 Dollar Steuerrückerstattung) und bis 100.000 Dollar reichen (unser Lariat genanntes Luxus Modell mit der großen Batterie kostet in den USA derzeit rund 86.000 US-Dollar, ohne Steuerrabatt) in der Lage ist, die offensichtlichen Nachteile des E-Antriebs so umzusehen, dass er selbst Kritiker überstimmen kann.

Und Fans wie mich, die hatte er ja schon.

Axel E. Catton / mid

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