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Sonst noch was? Foto: SPX

Sonst noch was? - Zahlen lügen nicht

Über teuren Sprit kann man sich ärgern, ändern wird man nichts. Nicht mehr selbst zu fahren, ist auch nur bedingt eine Option. Denn auch Roboter haben schließlich ihre Probleme - oder bekommen welche.

Strom teuer, Gas teuer, Sprit teuer, alles teuer. Wir haben tatsächlich in Deutschland im Moment eine ordentliche Inflation, die vor allem von den Energiepreisen getrieben wird. Wobei die monatliche Teuerungsrate von sehr niedrigen Vergleichspreisen im Lockdown des Vorjahres mit verminderter Mehrwertsteuer verfälscht wird. Aber das ändert nichts an den so stark galoppierenden Energiepreisen, dass mancherorts kleinere Anbieter von Strom und Gas schon kapitulieren und in einigen Industriezweigen die Produktion bestimmter Güter nicht mehr lohnt und deshalb ruht.

Die Energiepreise haben wenig mit CO2-Bepreisung, aber viel mit Marktwirtschaft zu tun. Wobei der Markt an manchen Stellen wohl ein bisschen künstlich verknappt wird, und hier reden wir nicht von Deutschland, sondern eigentlich von der ganzen Welt. An dieser Stelle sei eine kleine Zwischenbemerkung erlaubt: Wenn die Produktion von Gütern oder der Verkauf von Rohstoffen nicht mehr lohnt, weil plötzlich ein Faktor in der Produktion teurer wird, hat man wahrscheinlich die eigene Marge zu knapp kalkuliert oder zu viele Kunden zu nicht marktgerechten Preisen angelockt. Der Markt an sich funktioniert ja meistens ganz gut - wie wir an dieser Stelle letzthin schon in Sachen Chips thematisierten.

Diese Erkenntnis ändert allerdings nichts am steigenden Spritpreisen und am schon nachgerade wütenden Geheule mancher Zeitgenossen hierzulande, die hier unter anderem den bösen grünen Zeitgeist im Verdacht haben, sie mit Absicht zu quälen.

Dabei hilft wie so oft ein wenig Abstand bei der Betrachtung des Sachverhalts. Im Falle teuren Sprits hat der Zahlendienstleister Statista diese Woche einen etwas längeren Horizont gewählt, um den Preis von einem Liter Super oder Diesel zu betrachten. Und siehe da. Der Sprit ist heute ungefähr so teuer wie 1972. Glauben Sie nicht? Ist aber ganz einfach zu erklären.

In den 1970er-Jahren kostete der Liter weniger als umgerechnet 50 Eurocent und der bundesdeutsche Arbeitnehmer verdiente 4 bis 7 Euro in der Stunde. Um einen Liter zu bezahlen, musste er nicht ganz 5 Minuten arbeiten. Heute liegt der Durchschnittsstundenlohn bei 21 Euro und der Spritpreis tendiert Richtung 1,70 Euro. Das ergibt in Arbeitszeit pro Liter so ziemlich das gleiche Ergebnis. Die Statistik zeigt weiterhin, dass in den 1980ern der Sprit im Verhältnis zum Stundenlohn am teuersten war. Aber um einen Liter Sprit zu erwerben lag der Arbeitszeitaufwand für den Durchschnittsverdiener in den vergangenen 50 Jahren stets zwischen 4 und 5 Minuten.

Nachdem wir das nun geklärt hätten, erfreuen wir uns der schönen bunten Welt, die uns die Mobilitätsindustrie für die Zukunft ausmahlt. Dass der öffentliche Nahverkehr auch auf dem Land künftig mit autonomen kleinen Robotaxis vonstatten gehen wird, ist in quasi allen Zukunftsmodellen schon eingepreist. Dazu werden gefühlt fast wöchentlich entsprechende Modelle samt ihren tollen Möglichkeiten vorgestellt. Das ist gut so, denn die Option, stattdessen ein Taxi zu nehmen, ist im ländlichen Raum mangels Fahrern nicht unbedingt gegeben.

Wie überhaupt jeglicher massiver Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, so wünschenswert er aus Klimaschutzgründen auch immer sein mag, nicht zuletzt an der Verfügbarkeit von Personal hängt. Da kommen Roboter im Verkehr gerade recht. Wenn aber unsere Fahrzeuge immer mehr zu rollenden Computern mit angeschlossener KI werden, unterliegen sie auch den gleichen Sicherheitsanforderungen wie unsere Computer zu Hause und auf der Arbeit. Will heißen, es gibt immer neue Viren, Trojaner und Artverwandtes und es bedarf immer neuer Maßnahmen dagegen. Da man erst gegen Etwas reagieren kann, wenn dieses Etwas agiert hat, dürften die Hacker dieser Welt immer einen Schritt schneller sein als die Schutzprogramme. Ein White Paper Connected Cars listete dieser Tage nur einige der schon möglichen kriminellen Einsatzgebiete auf. Eine Verordnung des UN-Weltforums für Harmonisierung führt über 30 Schwachstellen und Bedrohungen durch Cyber-Angriffe bei Fahrzeugen auf, die schon auf dem Markt sind. In Zukunft werden die nicht legalen Ziele von noch weniger legalen Verbindungen sicherlich mehr. Das kann ja heiter, aber nicht unbedingt lustig werden. Sonst noch was? Nächste Woche wieder.

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