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Sie könnte ein Mini-Me einer klassischen Harley sein, ist aber ein richtiges, eigenständiges Motorrad aus Korea: Hyosung GV 125 S Aquila Foto: RKM
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Fahrbericht: Hyosung GV 125 S Aquila - Korea-Bobber

Sie könnte ein Mini-Me einer klassischen Harley sein, ist aber ein richtiges, eigenständiges Motorrad aus Korea. Nur eben mit kleinem Motor. Und der ist einzig in seiner Klasse.

Vom koreanischen Hersteller Hyosung schwappt eine besondere Spielart des Leichtkraftrads zu uns: Die GV 125 S Aquila kommt im originalgetreuen Bobber-Stil mit fetten Reifen und einem einzigartigen V2-Motor. Bei der ersten Kontaktaufnahme geniert sich der Koreaner keineswegs, sondern fordert mit einem ,,Get ready!" im kleinen LCD-Instrument nach erfolgtem Selbstcheck unmissverständlich zur Abfahrt heraus. Der Aufforderung leistet man gerne Folge und drückt auf den Anlasser -sofort springt der Achtellitermotor an und bemüht sich um ein erwachsenes Klangbild, das dem viel verheißenden optischen Eindruck gerecht wird.

Denn dieses Motorrad kommt mit einem waschechten V2-Motor, der seine beiden Zylinder im 60-Grad-Winkel spreizt, dem einzigen der gesamten 125er-Welt. Rundherum haben die Koreaner ein stimmiges Aussehen kreiert, das unmissverständlich an die großen Vorbilder aus Milwaukee erinnert: Vorn und hinten rollen fette Gummis auf filigranen Gussfelgen, die Telegabel schützen klassische Faltenbälge und hinten stützt sich die Stahlschwinge über zwei Federbeine am Schleifenrahmen ab. Hinterm etwas aufgeplusterten Tropfentank wartet eine durchgehende, aber stark gestufte Sitzbank nur darauf, unter den Hintern genommen zu werden. Die authentische Retro-Optik kulminiert im markanten Luftfiltergehäuse, das nicht südkoreanisch, sondern eher amerikanisch ausschaut - Harley-Davidsons Forty-Eight könnte ein nicht allzu entfernter Verwandter sein.

Einmal in sehr erdnahen 71 Zentimetern Höhe darauf Platz genommen, die jeder Körperstatur einen guten Bodenkontakt garantiert, ergibt sich ein erfreulich integrierendes Gefühl - von wegen ,,laid back", hier heißt es eher ,,let's go". Bei aufrechtem Oberkörper und noch akzeptablen Kniewinkeln greifen die Hände an die etwas mehr als schulterbreite Lenkstange und haben die Fuhre im Nu im Griff, ohne dass man sich unbequem gebettet fühlt.

Das ist zwar nicht unbedingt Route 66-like, doch mitteleuropäischen Innenstadt- wie Kurvenverhältnissen besser angepasst für eine aktive Fahrweise. Die ist auf dem Bobber problemlos möglich dank guter Schräglagenfreiheit und hinreichend genauer Lenkpräzision, die die dicken Gummiwalzen nicht allzu sehr verwässern. Dafür verlangen diese etwas mehr Kraftaufwand zur Einleitung von Richtungsbefehlen, unhandlich ist der Asiate jedoch keineswegs. Und beim Fahrkomfort hält er locker mit den Ami-Eisen mit: Die Gabel spricht sogar recht sensibel an, während die beiden Federbeine im Heck etwas derb über Unebenheiten dahinbuckeln.

Aktivität in Form eines willensstarken Handgelenks verlangt auch das Triebwerk. Zwar nimmt der V2 auch unten herum schon mutig und vor allem ohne lästige Verschlucker Gas an, doch es hilft alles nichts: Will man mit dem Verkehr mitschwimmen oder ansatzweise gar vorne mit dabei sein, braucht das Aggregat Drehzahlen oberhalb der 6.000er-Markierung. Ein Blick auf die technischen Daten erklärt die ungewöhnliche Drehzahlgier: Trotz langhubiger Auslegung entfaltet das 125er-Triebwerk seine Maximalleistung erst bei 10.250 Touren, den Drehmomentgipfel erklimmt die Korea-Harley bei 9.250 U/min. Das legt einen flinken Schaltfuß für das akkurat rastende Fünfganggetriebe nahe, allerdings erschwert der stark nach oben gebogene Schalthebel den Gangwechsel.

Aus dem Sattel fällt der Blick auf das eingangs erwähnte Cockpit, das bei Sonneneinstrahlung blendet und dessen Warnleuchten nur schlecht erkennbar sind. Statt ABS vertraut der Bobber einem Integral-Bremssystem, bei dem der Dreikolbensattel im Vorderrad den hinteren Zweikolben-Festsattel mit betätigt. Die Verzögerungswirkung ist allemal ausreichend, allerdings muss der Fahrer die Bremskraft zum Schutz vor Radblockaden selbst modulieren.

Im Auslieferungszustand kommt die Hyosung mit einer gestuften Zweier-Sitzbank, als Individualisierungsmöglichkeit gibt es eine kurze Sitzbank optional im Zubehörprogramm. Damit ergibt sich eine Solositz-Attitüde, die noch besser zum waagerechten Auspufftopf und den amerikanischen Vorbildern passt.

Doch auch ohne zusätzliche Beigaben ist das Hyosung-Leichtkraftrad als famoser Bobber bereits ein Unikat, allein wegen des originalgetreuen 60-Grad-V-Motors und der überzeugenden Interpretation des US-amerikanischen Vorbilds. Dass die Aquila in einem sehr manierlichen Verarbeitungszustand schon für schmale 3.800 Euro zu haben ist, dürfte der Beliebtheit zusätzliche Energie verleihen.    



Hyosung GV 125 S Aquila - Technische Daten:

Motor:  Flüssigkeitsgekühlter 60-Grad-V-Zweizylindermotor, 125 ccm Hubraum, 9,9 kW/13,5 PS bei 10.250 U/min, 10,2 Nm bei 9.250/min; drei Ventile/Zylinder, ohc, Einspritzung, Fünfganggetriebe, Kette

Fahrwerk: Stahl-Einschleifenrahmen mit doppelten Unterzügen; Telegabel vorne, nicht einstellbar, Federweg 16,3 cm; Stahl-Zweiarmschwinge hinten, zwei Federbeine Vorspannung fünffach einstellbar, Federweg 6,7 cm; Leichtmetallgussräder; Reifen 120/80-16 (vorne) und 150/80-15 (hinten). 27 cm Einscheibenbremse vorne, 25 cm Einscheibenbremse hinten

Assistenzsysteme: CBS

Maße und Gewichte: Radstand 1,428 m, Sitzhöhe 71 cm, Gewicht fahrfertig 165 kg, Zuladung 165 kg; Tankinhalt 12 l

Fahrleistungen und Verbrauch (Herstellerangaben): Höchstgeschwindigkeit 98 km/h, 2,7 l/100 km

Preis: 3.800 Euro

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