Corona-Krise und Audi-Ausstieg: Der DTM-Pechvogel

Kimmo Liimatainen hat im Februar 2020 das Kommando beim DTM-Meisterteam Rosberg übernommen. Seitdem brachen die Corona-Krise und der Audi-Ausstieg über ihn und seine Mannschaft herein.


Kimmo Liimatainen hat im Februar 2020 das Kommando beim DTM-Meisterteam Rosberg übernommen. Seitdem brachen die Corona-Krise und der Audi-Ausstieg über ihn und seine Mannschaft herein. Ist er also einer der großen Pechvögel der Tourenwagenserie?

"Der Gedanke kommt schon mal, aber ich bin nicht der Typ, der den Kopf in den Sand steckt. Es bringt nichts, jetzt rumzuheulen. Ich muss versuchen, das Beste aus der Situation zu machen", sagte der Finne im Gespräch mit dem Motor-Informations-Dienst (mid) Für den Teamchef lief in den vergangenen Wochen viel schief - die Rückschläge kamen geballt und komprimiert.

Am 1. Februar 2020 übernahm Liimatainen offiziell den Teamchef-Job von Arno Zensen, der sich nach 25 Jahren in den Ruhestand verabschiedet. Kurz danach kam die Corona-Krise mit voller Wucht, seine 22 Mitarbeiter musste er in Kurzarbeit schicken. Ende April folgte dann der von Audi für das Saisonende angekündigte Ausstieg aus der DTM. Was für ein unfassbar bescheidenes Timing.

Doch Liimatainen schaut nach vorne. Was hilft: Er hat bei Rosberg schon eine Menge erlebt, fing bei dem vom ehemaligen Formel-1-Weltmeister Keke Rosberg gegründeten Rennstall 1999 an, damals noch als Fahrer. Seitdem ist er bis auf ein Jahr Unterbrechung (2001) dabei, seit 2003 als Teammanager.

Seit 2006 ist Rosberg offizielles Werksteam von Audi. 2017 und 2019 feierte die Mannschaft aus Neustadt an der Weinstraße die größten Erfolge, als Rene Rast den Fahrer- und Rosberg den Teamtitel holte. Keine Frage: Die Sorge um die Zukunft, sie ist da.

"Die Motorsport-Welt war nie sicher, weshalb ich ein wenig abgehärtet bin", sagte er. Hinzu kommt: Zensen hat ihn gut vorbereitet in den vergangenen Jahren. "Was ich von ihm lernen kann, ist die Ruhe, die Abgeklärtheit. Er ist öfter auf die Schnauze gefallen und hat schwierige Zeiten erlebt. Er weiß, wie man Ruhe reinbringt und ausstrahlt. Das versuche ich auch, vor allem für mein Team", sagte er. Ohne Frage ein guter Mix für den Kampf um eine Zukunft.

Unter dem Strich war die Audi-Entscheidung für Liimatainen ein Schock, aber aufgrund der Gesamtsituation keine große Überraschung mehr. Zum einen traf Corona den Autobauer hart, zum anderen soll in Zukunft der Fokus noch mehr auf Elektromobilität gelegt werden.

"Das muss man akzeptieren. Ich hätte es gerne anders gesehen", sagte er. Das Thema Elektromobilität findet er persönlich "schwierig. Es wird viel diskutiert, ob das der richtige Weg ist oder ob es keine Zukunft hat. Da gibt es noch Fragezeichen für mich. Aber die Hersteller sind natürlich tiefer im Thema drin."

Das größte Fragezeichen steht jedoch hinter der Zukunft des Teams: Wie geht es weiter? Antworten inmitten der Corona-Krise zu finden, ist die Herausforderung. Denn niemand weiß, wie der Motorsport danach aussehen wird. Welche Teams überleben und welche Rennserien? Wo kann ein Traditionsteam einen Platz finden? "Man muss verschiedene Konzepte analysieren und schauen, ob davon etwas funktioniert", so Liimatainen.

Mit Audi werden Gespräche geführt, ob es als Werksteam Alternativen gibt. Die DTM ist das einzige Standbein, denn Ende 2018 hatte man sich dazu entschieden, das GT-Programm einzustellen. Nicht nur deshalb wäre es immens wichtig, dass 2020 noch gefahren wird, und das so schnell wie möglich. Ohne Saison wird es extrem schwierig, dann fehlen wichtige Umsätze.

Und danach? Was die DTM angeht, ist Liimatainen skeptisch. "Ich hoffe, dass es nicht vorbei ist. Aber in dieser Konstellation ist es wahrscheinlich nicht machbar, weil es zu teuer ist", sagte der 41-Jährige.

Fünf bis sechs Millionen Euro müsste Rosberg als Privatteam aufbringen, um den Einsatz von zwei Autos in der DTM zu finanzieren. Und wer hat heute einen Sponsor, der das Geld bringt? Vor allem in dieser Corona-Krise?

Und auch bei einem GT3-Modell, wie von Rennfahrer-Legende Hans-Joachim Stuck vorgeschlagen, stellt sich die Frage nach den Finanzen. Liimatainen: "GT3-Autos haben wir gemacht, und das war schon eine Materialschlacht. Man kommt immer wieder aufs Finanzielle zurück." Hinzu kommt: Ein GT Masters gibt es ja bereits.

Liimatainen betont, dass man nicht alles schwarz sehen dürfe. Doch positive Einstellung hin oder her: "Realistisch sollte man schon sein."

Andreas Reiners / mid

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