Camping mit Glamour: Auf Tour mit dem Mercedes Marco Polo

Die große Freiheit auf vier Rädern boomt wie kaum eine andere Fahrzeug-Branche in Deutschland. Der Wohnmobil-Bestand hat sich laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) von rund 330.000 anno 2010 auf circa 533.000 Ende 2019 gesteigert. Besonders schick ist man im Marco Polo von Mercedes unterwegs - wir haben den Campervan einem Alltagstest unterzogen.


Die große Freiheit auf vier Rädern boomt wie kaum eine andere Fahrzeug-Branche in Deutschland. Der Wohnmobil-Bestand hat sich laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) von rund 330.000 anno 2010 auf circa 533.000 Ende 2019 gesteigert. Besonders schick ist man im Marco Polo von Mercedes unterwegs - wir haben den Campervan einem Alltagstest unterzogen.

Alle drei Versionen haben ein Hubdach und bieten zusammen mit den umklappbaren Rückbänken Schlafmöglichkeiten für vier Personen. Das Acitivity-Modell ist der Spartaner in dem Trio und basiert auf dem Mercedes Vito. Mehr ein Lastwagen mit Schlafpritsche als ein kommodes Reisemobil. Beim Marco Polo Horizon rangiert man schon eine V-Klasse höher und hat all den Komfort, den der Premium-Bus zu bieten hat. Aber Küche, Kühlschrank und Stauraum gibt es nur beim reinen Marco Polo. Edle Einbauten mit viel Klavierlack machen hier aus schlichtem Camping echtes Clamping. Campen mit Glamour.

Bleiben wir beim feinen Wohnmobil. Wie schon sein Vorgänger basiert der Marco Polo auf der V-Klasse von Daimler. Und genauso wie beim Facelift des Mercedes-Bus gibt es auch beim Marco Polo nur ganz dezente Veränderungen. Die überarbeitete Frontpartie etwa, die man in der AMG-Variante auch mit Diamantgrill haben kann. Oder die Luftdüsen in Turbinen-Design, die es bei den Pkw schon lange gibt. Die wohl größte Neuerung beim Facelift hat sich unter der Motorhaube versteckt. Erstmalig steht ein Diesel mit 239 PS zur Verfügung.

Schneller kann man nicht ins Ausflugswochenende starten: In 9,4 Sekunden spurtet der V 300d 4Matic von 0 auf Tempo 100, mit 210 Sachen geht es auf die Autobahn Richtung Berge, Meer, Wald und Flur. Bei diesen Fahrleistungen muss alles gut verstaut und verzurrt sein, damit einem nicht das Inventar um die Ohren fliegt.

Großer 2,0-Liter-Motor, knackige 9-Gang-Automatik, dazu Allrad - damit lässt sich sogar ein Campervan flott durch die Kurven jagen. Namensgeber Marco Polo wäre damit sicherlich nicht dreieinhalb Jahre unterwegs gewesen, um bis nach China zu kommen. Wer nicht so viel Power braucht: Das Diesel-Aggregat gibt es auch noch in den weniger aufregenden Varianten mit 163 oder 190 PS.

Trotz seiner Länge von 5,14 Metern lässt sich der Edeltransporter erstaunlich leicht und komfortabel fahren. Mehr wie eine Limousine als ein Transporter. Der Dieselmotor ist Mercedes-typisch gut gedämmt, das Interieur entspricht ebenfalls dem gewöhnten Stuttgarter Sterne-Niveau. Was auch für den Sound gilt: Neun Lautsprecher und ein 5-Kanal-Verstärker - hört sich nicht nur gut an, das klingt auch gut.

Praxistauglich ist der Marco Polo nahezu in jeder Lebenslage. Dank 6,7 Litern Durchschnittsverbrauch und einfachem Handling eignet er sich sogar als Pendlerfahrzeug. Großeinkäufe für das Wochenende - kein Problem. Denn mit einer Fahrzeughöhe unter zwei Meter passt der Transporter auch in die Tiefgaragen von großen Shopping-Centern. Und auch als Familientaxi ist der Marco Polo geeignet. Allerdings nur, wenn die Mitgliederzahl die Vier nicht überschreitet. Auf der hinteren Sitzbank können nämlich nur zwei sitzen.

Die volle Punktzahl erreicht der Van allerdings erst, wenn es um die diversen Freizeitaktivitäten am Wochenende geht, wie etwa Baden oder Bergwandern. Abgesehen von dem verschwenderischen Platz, bei dem auch die schon aufgeblasene Schwimmente, Luftmatratze oder das SUP-Board locker reinpassen, hat man ja auch noch einen Kühlschrank an Bord für Brotzeit und Getränke. Und wenn es regnet, dann findet das Picknick halt im Auto statt. Der Tisch ist schnell aufgeklappt, und sowohl Fahrer- als auch Beifahrersitz lassen sich umdrehen, so dass man sich bei der Pausenjause gegenübersitzen kann.

Womit wir bei der eigentlichen Bestimmung des Marco Polo sind - dem Campen. Schon beim Einpacken wollten wir fast schon wieder auspacken. Der Stauraum ist wirklich sehr begrenzt, ein Schrank, in dem man ein langes Kleid oder einen Anzug aufhängen könnte, fehlt. Aber vielleicht trägt man beim Campen nur Jogging. Theoretisch können vier Leute im Bus schlafen. Zwei unten auf der umgebauten Liege und zwei oben im Bett unter dem elektrisch aufklappbaren Dach. Vier Personen im Marco Polo - da wird doch die Sardine in der Büchse verrückt. Denn auch für zwei ist es schon ziemlich eng.

Damit haben die Tücken des Campinglebens aber gerade erst angefangen. Erst einmal die Betten machen. Ganz einfach die Sitzbank entriegeln, sanft rollt sie nach hinten. Auf Knopfdruck legen sich Lehne und Kopfstützen um. Zusammen mit der Heckablage entsteht so eine ebene Liegefläche. Dann noch Matratze und Laken drauf, fertig ist das Doppelbett. Allerdings eines für frisch Verliebte, weil es wirklich schmal ist und auch nicht den geringsten Schnarcher verzeiht.

Unser Fazit: Der Marco Polo ist zwar ein rollendes Luxusbett für Kurz-Aufenthalte wie etwa ein verlängertes Wochenende. Aber ohne Toilette und Waschgelegenheit eignet er sich nicht wirklich als Campervan, mit dem man zwei Wochen lang unterwegs ist.

Rudolf Bögel / mid

Technische Daten Marco Polo 300 d 4matic Edition:

- Hubraum: 1.950 ccm

- Leistung: 239 PS bei 4200 U/min

- Drehmoment: 500 Nm zwischen 1.600 und 2.400 U/min

- Getriebe: 9G-Tronic Automatik

- Länge / Breite / Höhe: 5,14 / 1,93 / 1,98 m

- Anhängelast (gebremst): 2.000 kg

- Gepäckraumvolumen: 670 l

- 0 auf 100: 9,4 s

- Top-Tempo: 210 km/h

- Normverbrauch: 6,7 Liter

- CO2-Ausstoß: 176 g/km

- Abgasnorm: Euro 6d-Temp

- Preis: ab 61.713 Euro

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