Opel erfindet sich neu

Rüsselsheim behält seine zentrale Bedeutung für Opel - mehr noch: Es übernimmt eine Schlüsselrolle im globalen Engineering-Netzwerk der Groupe PSA, zu der Peugeot, Citroen, DS, Opel und Vauxhall gehören.


Opel, das war zuletzt nur noch so etwas wie ein Politikum, und nicht Wenige sahen im Kauf durch die PSA-Gruppe den Versuch einer eiskalten Marktbereinigung durch die Franzosen. Nun ist alles ganz anders gekommen. Auch der Rahmenvertrag vom 30. Mai.2018, mit dem der Beschäftigungsschutz vom 15. Dezember 2017 verlängert und fortgeschrieben wird, unterstreicht das.

Opel-CEO Michael Lohscheller konnte beim "RÜSSELSHEIM TECH DAY" bei allem Wissen um Intensität und Umfang der Aufgaben Positives vermelden. "PACE! - der Strategieplan funktioniert, er ist auf einem guten Weg, und wir kommen gut voran." Dank gemeinsam genutzter Konzernplattformen und dem Heben von Synergien stellen sich wertvolle Erfolge ein. Die Entwicklungskosten verringern sich um 20 bis 50 Prozent, erläutert der Opel-Chef.

Das alles ist nicht etwa Zukunftsmusik, sondern bereits Realität. Die Entwicklung des neuen Corsa, der 2019 seine Weltpremiere feiern und auch als Elektrofahrzeug auf Batterie-Basis (BEV - Battery Electric Vehicles) angeboten wird, belegt das sehr überzeugend: Seine Entwicklungskosten seien um 50 Prozent gesunken im Vergleich zum Vorgängermodell und bei weiter gesteigerter Qualität, heißt es in Rüsselsheim.

Alle neuen Opel- und Vauxhall-Fahrzeuge werden im Rüsselsheimer Engineering-Center entwickelt. Hinzu kommt die Entwicklungsverantwortung für alle leichten Nutzfahrzeuge der Gruppe auf der speziellen LCV-Plattform sowie für die kommende Generation hocheffizienter 1,6 Liter Vierzylinder-Benzinmotoren. 15 zentrale Kompetenzbereiche für die gesamte PSA-Gruppe (Peugeot, Citroen, DS, Opel und Vauxhall) haben künftig ihren Platz in Rüsselsheim - von der Brennstoffzelle bis zur Sitzentwicklung.

"Paris ist uns heute schon näher als Detroit das jemals war" - dieser Satz des CEO, sicherlich nicht auf die räumliche Distanz reduziert, bringt das deutlich zum Ausdruck. Dabei war die bereits seit 2012 projektweise Teamarbeit als vertrauensbildend durchaus förderlich. Opel kann zudem nun endlich auch global verkaufen - unter Nutzung der weltweiten Vertriebsstrukturen der PSA-Gruppe.

"Opel wird profitabel, elektrisch und global" fasst das Opel-Chef Michael Lohscheller zusammen und zeigt auch die notwendige Entschlossenheit, wenn er sagt: "Wir drehen jeden Stein um. Wir reduzieren Komplexität und Kosten bei gleichzeitiger Steigerung von Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Wir machen das im gesamten Unternehmen, über alle Bereiche hinweg."

Die neue Plattformstruktur verdeutlicht überzeugend den Abbau der gewucherten Komplexität. Die existierenden neun Plattformen verringern sich auf zwei: CMP [Comon Modular Platform] für Kleinfahrzeuge; EMP2 [Efficient Modular Platform] für größere Fahrzeuge. Die Anzahl der Motorfamilien schmilzt von zehn auf vier.

Das Ergebnis sind zwei modulare Multi-Energy-Plattformen, auf denen sämtliche Fahrzeuge der Groupe PSA aufbauen. Neben der zentralen Entwicklung wird auch die zentrale Verwaltung der Module Garant für konsequenten und effizienten Fahrzeugbau sein. Markenidentität bleibt wichtig und wesentlicher Kennfaktor. Deshalb bleibt Opel innerhalb der Groupe PSA die deutsche Marke - oder anders: Opel bleibt Opel - hochmodern und bezahlbar.
Die modulare Plattformstruktur ist dabei grundlegender Faktor und bereits ausgelegt und nutzbar für die Elektrifizierung. Opel bringt langjährige und umfassende Erfahrungen in diese Entwicklungen ein.

Opel-Entwicklungschef Christian Müller dazu: "Schon bis zum Jahr 2020 werden wir vier elektrifizierte Baureihen auf dem Markt haben. Bis zum Jahr 2024 werden dann alle europäischen Pkw-Modellreihen von Opel und Vauxhall elektrifiziert sein."

Bewusst ist man sich, dass Akzeptanz und Nachfrage nach Elektromobilität ganz wesentlich geprägt sind von der zur Verfügung stehenden Ladenetzstruktur. Die Politik hinkt hier ebenso hinterher wie bei der Verkehrswegeplanung. Der politische Beschluss der Elektrifizierung, den man in seiner ursprünglichen Terminierung als gescheitert ansehen muss, hat in seiner Eindimensionalität Alternativen, wie etwa das Thema Brennstoffzelle, behindert. Opel, mit rund 20-jähriger Erfahrung aus Forschung und Anwendung von Wasserstoff hat hier womöglich die Nase vorn. Die Zukunft wird das zeigen.

Inwieweit das Design die strukturell entstehenden neuen Möglichkeiten aufgrund Plattform und Modulbasis nutzen wird, bleibt abzuwarten. "Mit weniger Architektur vielmehr machbar zu haben" - so lautet hier die Devise. Es bleibt spannend!

Alfred Jungmann / mid

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