Werkstattkunden zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Werkstattkunden wünschen besseren Online-Service. Marken- und Vertragswerkstätten brauchen eine digitale Identität, um Kunden noch passgenauer ansprechen zu können.


Werkstattkunden wünschen besseren Online-Service. Marken- und Vertragswerkstätten brauchen eine digitale Identität, um Kunden noch passgenauer ansprechen zu können.

"Wir können auch digital" war das Motto der 46. Bundestagung des deutschen Kfz-Gewerbes am vergangenen Montag. Die Tagung der Vertreter des deutschen Kfz-Gewerbes findet traditionell einen Tag vor der Eröffnung der Automechanika in Frankfurt am Main statt. Während die deutschen Werkstätten der Auffassung sind, die Wünsche ihrer Kunden im digitalen Bereich gut zu erfüllen, sieht die Realität unter deutschen Werkstattdächern anders aus. Das ermittelte jetzt der TÜV Rheinland mit seinem erstmals in Frankfurt präsentierten Werkstattmonitor. Dabei kommen die Rheinländer zu einem fast deckungsleichen Ergebnis wie die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) aus Ostfildern mit dem DAT-Report. Dieser wurde Anfang des Jahres vorgestellt. Beide Befragungen der Autofahrer attestieren den deutschen Vertragswerkstätten hohe Kundenzufriedenheit.

Im Vergleich zu 2017 hat die Gesamtzufriedenheit dem Werkstattmonitor zu Folge bei allen Werkstatttypen leicht angezogen. Freie Kfz-Werkstätten und Werkstattketten können sich beim optischen Eindruck des Betriebes und Werkstattketten bei der Beratung steigern. Marken-/Vertragswerkstätten verzeichnen eine Kundenzufriedenheit von 93,2 Prozent (Vorjahr 90,8 Prozent), freie Werkstätten kommen auf 94,8 Prozent (Vorjahr 93,1 Prozent) und Werkstattketten auf 91,7 Prozent (Vorjahr 90,4 Prozent). Außerdem registrieren Marken-/Vertragswerkstätten und Werkstattketten geringe Steigerungen bei der Weiterempfehlungsbereitschaft. Darüber hinaus teilen Kunden immer häufiger ihre positiven Erfahrungen mit Werkstätten online in Internet-Foren oder Bewertungsportalen. 2018 sind das bereits 26 Prozent der Befragten, im Vorjahr 21,7 Prozent und im Jahr 2014 nur 9,6 Prozent. Entgegen der Meinung vieler Werkstättenbetreiber, nur unzufriedene Kunden würden Bewertungen abgeben, sind negative Online-Bewertungen mit rund einem Prozent zu vernachlässigen.

Ein Großteil der Kontakte zwischen Kunden und Werkstätten findet heute offline statt (93,8 Prozent) - etwa per Telefon oder Besuchen vor Ort. Das Bedürfnis nach Online-Möglichkeiten wächst aber stetig. 45,4 Prozent der Befragten wünschen sich eine Online-Kontaktaufnahme. Im Werkstattmonitor des vergangenen Jahres waren es lediglich 37,4 Prozent. An erster Stelle stehen hierbei E-Mails (15,2 Prozent), gefolgt von der Internetseite der Werkstatt (10,3 Prozent) und Messenger-Diensten wie WhatsApp (9,1 Prozent). Soziale Netzwerke wie beispielsweise Facebook landen mit 2,8 Prozent abgeschlagen auf dem letzten Platz.

Im Vergleich zu 2017 ist der Anteil an Online-Terminbuchungen für alle Werkstatt-Typen gestiegen (Marken-/Vertragswerkstatt, freie Kfz-Werkstatt, Werkstattketten), insgesamt von 9,5 Prozent auf 12,3 Prozent. Dabei haben die Ketten mit 26,7 Prozent die Nase weit vorn (Vorjahr 24,6 %). Erstaunlich, denn die meisten Markenwerkstätten bieten über sogenannte Service-Apps die Möglichkeit der Online-Terminvereinbarung und viele innovative Werkstätten haben davon unabhängig eigene Service-Apps mit der Möglichkeit der Online-Terminvereinbarung für ihre Kunden im Angebot. Die Kfz-Werkstätten scheinen zwar "auch digital zu können". Es fehlt aber offensichtlich das richtige Anbieten der eigenen digitalen Services.

"Nur wer in digitale Services investiert, gewinnt!", fasst Dr. Mattias Schubert, Executive Vice President Mobilität bei TÜV Rheinland zusammen.. "Autohäuser und Werkstätten brauchen neben einem digitalen Serviceportfolio eine digitale Identität, um im Netz auffindbar zu sein. Sie müssen zudem ihre Prozesse digitalisieren, um effizienter zu werden." Ein gezielter Auf- beziehungsweise Ausbau des Angebots von Online-Kontaktmöglichkeiten bietet großes Potenzial, um die Erwartungen auch künftig zu erfüllen und die Kunden zu binden.

Laut TÜV Rheinland-Werkstattmonitor ist Zufriedenheit und Vertrauen der ausschlaggebende Grund, warum sich Kunden für eine Werkstatt entscheiden. Knapp 22 Prozent holen im Vorfeld ein Vergleichsangebot ein. Über ein Drittel davon wählt aber nicht das günstigste Angebot.

Die Top 5 bei der Werkstattauswahl lauten (Mehrfachnennungen möglich):
1. Zufriedenheit/Vertrauen, 30,7 Prozent (Vorjahr 31,6 Prozent),
2. Qualität der Arbeit, 14,3 Prozent (15,4 Prozent),
3. Schnelle Durchführung und Terminverfügbarkeit, 13,3 Prozent (12,1 Prozent),
4. Servicequalität, 8,4 Prozent (8,5 Prozent),
5. Räumliche Nähe, 7,9 Prozent (7,7 Prozent).

Erst auf Rang sieben rangiert der Preis mit 5,5 Prozent (Vorjahr Platz sechs mit 6,3 Prozent).

Für den Werkstattmonitor befragte TÜV Rheinland im Frühjahr 2018 in einer standardisierten Online-Erhebung 3.025 private Autofahrerinnen und Autofahrer ab 18 Jahren zu ihren Erfahrungen mit Werkstätten im Zeitraum zwischen Juni 2017 und Februar 2018. Hierbei differenzierten die TÜV Rheinland-Fachleute zwischen Marken-/Vertragswerkstätten, freien Werkstätten und Werkstattketten. Der Werkstattmonitor von TÜV Rheinland erscheint seit 2006 in unregelmäßigen Abständen, zuletzt 2017.

Prof. Anita Friedel-Beitz / mid

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