Psyche bremst Carsharing

Carsharing war einmal auf der Überholspur. Immerhin mehr als zwei Millionen Menschen sind bundeweit bei Carsharing-Anbietern registriert. Doch der Trend verlangsamt sich - aus psychologischen Gründen.


Carsharing war einmal auf der Überholspur. Immerhin mehr als zwei Millionen Menschen sind bundeweit bei Carsharing-Anbietern registriert, meldet der Bundesverband Carsharing. Doch der Trend verlangsamt sich - aus psychologischen Gründen.

Rationale Argumente für Carsharing gibt es viele: "Geld sparen, ein verlässlicher Parkplatz um die Ecke, nach Belieben Marke und Modell wechseln", zählt die Psychologin Cornelia Nagel von TÜV Nord auf. Und nicht zuletzt umweltfreundlicher zu leben: Laut dem niederländischen Umweltforschungsinstitut PBL in Den Haag fahren Carsharer insgesamt weniger Auto und verursachen so pro Person und Jahr 13 bis 18 Prozent weniger Kohlendioxid.

Doch vielen Leuten geht es beim Carsharing nicht primär um die Umwelt. Wie ein Team von der ETH Zürich feststellte, werden stationäre Fahrzeuge vor allem von Selbstständigen genutzt, die im Alltag flexibel sein möchten. Und auf freie Flotten greifen vermehrt junge Gutverdiener zurück, die schlecht an öffentliche Verkehrsmittel angebunden sind. Beide Gruppen zählen eher zur höheren Bildungsschicht und sind nach eigenen Angaben besonders offen für Innovationen - aber nicht übermäßig umweltfreundlich.

Eine hartnäckige Gruppe von Autofahrern steht dem Carsharing aber ganz verschlossen gegenüber. Forscher von der Erasmus Universität Rotterdam entdeckten einen rein psychologischen Faktor: Viele Menschen wollten nicht auf ihr Auto verzichten, weil sie schlichtweg gerne ein eigenes haben möchten. Legten Versuchspersonen gesteigerten Wert auf die eigenen vier Räder, waren sie auch wenig geneigt, Carsharing auszuprobieren, so das Ergebnis eines Experiments. Ob Kosten, Parkplatz oder die neuesten Modelle: Das alles fiel bei den Autoliebhabern weniger ins Gewicht.

Deshalb dürfe man ihnen Carsharing nicht als Ersatz fürs eigene Gefährt anbieten, so die Erkenntnis, sondern als zusätzliche Option für den Fall, dass es mal nicht zur Verfügung stehe. Testfahrten könnten tatsächlich Türen öffnen, sagt Psychologin Cornelia Nagel. Dahinter verberge sich ein erstaunliches psychologisches Phänomen: "Wir können uns auch als Besitzer fühlen, wenn uns etwas faktisch gar nicht gehört." Experimente zeigten: Ob wir etwas in der Hand halten, ist manchmal wichtiger, als der rechtmäßige Eigentümer zu sein.

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