Ruf nach Autohalter-Haftung

Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, ist glühender Verfechter der Halterhaftung bei Verkehrsverstößen. Allein in Berlin werden jährlich drei Polizeihundertschaften zur Fahrerfeststellung benötigt. Hätten wir eine Halterhaftung würden Kennzeichen und Foto genügen.


Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, ist glühender Verfechter der Halterhaftung bei Verkehrsverstößen. "Ich bin nicht gefahren, habe mein Auto verliehen und weiß nicht mehr an wen", lautet jedenfalls die Standardausrede bei Verkehrssündern, die nach einem Verstoß nicht angehalten werden konnten. Sie löst eine intensive Ermittlungstätigkeit aus. Mit dem Ergebnis, das Millionen von Verfahren nicht in Gang gesetzt werden können. Allein in Berlin werden jährlich drei Polizeihundertschaften zur Fahrerfeststellung benötigt. Hätten wir eine Halterhaftung würden Kennzeichen und Foto genügen, sagt Rainer Wendt auf einem Presseseminar des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR). In Ländern mit Halterhaftung wie die Niederlande, Frankreich oder Österreich hat es die Polizei ungleich leichter. Schon die Nichtnennung des Fahrers gilt als Ordnungswidrigkeit.

In Deutschland könnte die Polizei für sinnvollere Aufgaben eingesetzt werden und würde keinen Berg von 20 Millionen Überstunden vor sich herschieben, meint der Polizeigewerkschafter. Warum muss sie Schwertransporte begleiten und diese umständlich von Bundesland zu Bundesland weiterreichen, wenn dies spezielle Privatfirmen übernehmen könnten, ohne auf Ländergrenzen Rücksicht nehmen zu müssen? Notwendig sei natürlich auch einwandfreies technisches Gerät zur Verkehrsüberwachung. Nur das verhindert, dass es vor Gericht zu endlosen Beweisanträgen und Einstellungen der Verfahren kommt.

Rainer Wendt fordert eine härtere Sanktionierung gefährlicher Verkehrsverstöße. Handy am Ohr sollte mindestens 100 und nicht nur 60 Euro kosten. Bußgeldhöhen vom Einkommen abhängig zu machen, hält er nicht für durchführbar. Der Verwaltungsaufwand wäre zu hoch. Auch dass es in Deutschland tatsächlich zur Halterhaftung kommt, hält Wendt für unwahrscheinlich. Verfassungsrechtlich gäbe es dafür riesige Hemmnisse. Auch die Politik zöge nicht mit.

2017 verzeichnete Deutschland 3.177 Verkehrstote. Laut gestecktem Ziel hätten es nicht mehr als 2.626 sein dürfen. Um das bis 2020 mit den Nachbarländern vereinbarte Ziel zu erreichen, muss die Verkehrsüberwachung intensiviert werden, sagt der Polizeigewerkschafter. Direkte Ansprache überführter Verkehrssünder und sofortige Sanktions-Nennung hält er für die wirkungsvollste Maßnahme.

Holger Glanz / mid

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