Jetzt kommt der elektrische Rückenwind auch fürs Rennrad

Die E-Bike-Welle rollt und hat jetzt auch den letzten Brückenkopf der ausschließlich mit Muskelkraft angetriebenen Räder erreicht.

Die E-Bike-Welle rollt und hat jetzt auch den letzten Brückenkopf der ausschließlich mit Muskelkraft angetriebenen Räder erreicht. Bisher galt es in Rennradkreisen als absolutes Tabu, den elektrischen Rückenwind auch nur zu erwähnen, doch nun scheint sich - wie bereits bei den Mountainbikes - die Elektrifizierung auch bei den selbsternannten Helden der Straße anzukündigen.

Elektrische Antriebe für die sportlichsten aller Räder gab es bisher allenfalls als illegales Technik-Doping, dem unter anderem die Verantwortlichen der großen Rundfahrten auf der Spur sind, indem die Räder inzwischen penibel auf technische Nachhilfe untersucht werden. Auch die Argumente der Puristen haben sich inzwischen offenbar erledigt, Bisher hatten die sich über das zusätzliche Gewicht und die auffälligen Akkus beklagt.

Nun kommt aus China eine kompakte Mittelmotor-Einheit, die erst auf dem zweiten Blick zu erkennen ist. Und auch der Akku passt sich kaum sichtbar in das Unterrohr ein. Bafang, einer der führenden asiatischen Hersteller von E-Bike-Komponenten, steht hinter der Entwicklung, die sich auch in den neuen Gravelbikes (Räder für Freunde des lockeren Untergrunds) und Geländeräder oder neudeutsch E-Cyclocrosser montieren lässt. Auf der 28. International Bycicle Fair in Shanghai zeigte das Unternehmen jetzt die Komponenten für elektrisch unterstützte Rennräder.

Als Zielgruppe haben die Verantwortlichen bei Bafang unter anderem Rennradliebhaber ausgemacht, die im Alter Muskelmasse ab- und Körpermasse aufgebaut haben, ihrem Sport aber treu bleiben wollen. Dass diese Kalkulation durchaus erfolgreich ist, zeigt die wachsende Zahl der durch die Wälder surrenden E-Mountainbikes. E-Rennräder sollen nun der nächste Trend bei den elektrifizierten Zweirädern werden.

Der knapp 2,3 Kilogramm wiegende Motor erreicht eine Nennleistung von 200 Watt und ein maximales Drehmoment von 55 Newtonmeter (Nm). Außerdem lässt sich der Antrieb mit Einzel- oder Zweikettenblatt-Antrieben kombinieren und ist bei Bedarf auch für die S-Pedelecs mit einer maximalen Geschwindigkeit von 45 km/h ausgelegt. Die Elektronik und der im Unterrohr platzierte Akku (200 Wh) bringen weitere zwei Kilogramm zusätzlich auf die Waage, was einem System-Gesamtgewicht von 4,4 Kilogramm entspricht.

Für die sportlich ambitionierten Rennradfahrer wird diese Zunahme wahrscheinlich zu hoch sein, doch viele Hobby-Piloten werden diesen Nachteil in Kauf nehmen, um bisher ,,uneinnehmbare" Gipfel stürmen zu können. Die Tretunterstützung umfasst vier Stufen, die über am Lenkrad platzierte Schalter gesteuert werden. Über das 2,2 Zoll große Farbdisplay lassen sich bis zu zehn Voreinstellungen wählen.

Naturgemäß sind Rennräder für Geschwindigkeiten jenseits des maximal zulässigen E-Bike-Tempos von 25 km/h ausgelegt. Daher entfaltet der elektrische Antrieb vor allem beim Start, kurzen Zwischensprints und steilen Anstiegen seine volle Unterstützung. Während bei ,,zivilen" E-Bikes der Tritt nach dem Überschreiten des maximalen Tempos eher schwerer wird, ist die Bafang-Technik so ausgelegt, dass die Antriebseinheit einen so gut wie widerstandsfreien Betrieb ermöglicht, sodass der Muskeleinsatz des Fahrers nicht zusätzlich belastet wird.

Auf den ersten Blick ist der Akku mit 200 Wh nicht gerade ein Kraftpaket. Doch weil sein Einsatz nicht ständig gefordert ist, soll diese Kapazität, verspricht Bafang, auch für längere Fahrten bis 150 Kilometer reichen. Denn schließlich wird die Technik nicht wie bei den ,,zivilen" E-Bikes ständig abgerufen, sondern vor allem in Situationen, die einen besonderen Einsatz fordern. Am Berg zum Beispiel werden die meisten E-Rennfahrer die elektrische Nachhilfe wahrscheinlich besonders schätzen, wenn sie ohne ungesunde Herzfrequenz das Ziel erreichen können. (ampnet/ww)

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