PSA: Autonomes Fahren für alle

Wie fahren wir morgen und übermorgen? Erste Antworten, sprich Fahrzeuge, die eine Vorstellung des Weges in den kommenden Jahren ermöglichen, gibt die PSA Gruppe in ihrem Technical Center Vélizy im Großraum Paris. Der DS 7 Crossback kommt mit automatisierten Fahrfunktionen ab Januar 2018 auf den Markt.


Wie fahren wir morgen und übermorgen? Erste Antworten, sprich Fahrzeuge, die eine Vorstellung des Weges in den kommenden Jahren ermöglichen, gibt die PSA Gruppe in ihrem Technical Center Vélizy im Großraum Paris. Heute basieren rund 90 Prozent aller Unfälle auf menschlichen Fehlentscheidungen. Bei PSA ist man sich sicher, dass das autonome Fahrzeug einen signifikanten Betrag leisten wird, die Verkehrssicherheit auf unseren öffentlichen Straßen nachhaltig zu erhöhen. Der DS 7 Crossback kommt mit automatisierten Fahrfunktionen ab Januar 2018 auf den Markt.

PSA testet die notwendige Technik mit diversen Prototypen. Rund 125.000 Kilometer sind dabei im Selbstfahr-Modus der Stufen zwei bis vier absolviert worden. Seit März 2017 waren dabei auch rund 100 gesondert eingewiesene Laien - nicht Ingenieure - auf öffentlichen Straßen in Frankreich autonom unterwegs. Das so gewonnene Feedback im Umgang mit den zur Verfügung stehenden Levels fließt unmittelbar in die weitere Entwicklung ein. Das geschieht im sogenannten "AVA"-Programm (Autonomous Vehicle for All) von PSA, das sich auf den Zeitraum von heute bis zum Jahr 2030 erstreckt. Es definiert die aktuell schon vorhandenen technischen Optionen in Form von Fahrer-Assistenz-Systemen und zeigt künftige Möglichkeiten der fahrerlosen Fahrzeuge von übermorgen für die drei Marken des Konzerns Peugeot, Citroen und DS auf. Und was ist hier in den kommenden Jahren zu erwarten?

Das "Assisted Driving" - zum Beispiel die elektronischen Assistenten für Fahrspur, Bremsen, Abstand, den toten Winkel, zum Einparken oder zur Geschwindigkeitserkennung - ist inzwischen in vielen Fahrzeugen vom Cityflitzer Citroen C1 bis Großraum-Van Space Tourer erhältlich. Der neue DS 7 Crossback wird nun das erste Modell des Konzerns sein, dass automatische Fahrfunktionen unter Überwachung des Fahrers ermöglicht. Bei dem System "DS Connected Drive" entscheidet der Fahrer, selbst aktiv zu sein, oder sich fahren zu lassen. Vorgesehen ist dabei, dass er seine Hände am Steuer lässt, er muss es aber nicht.

Und wie funktioniert das im Detail? Das System hält mit Zustimmung des Fahrers die richtige Fahrspur, kontrolliert die zulässige Geschwindigkeit und kümmert sich bis Tempo 180 um den Abstand zum Vorausfahrenden. Kombiniert wird es mit einem Park-Pilot, der Night Vision (erkennt Infrarot-basiert Fußgänger oder Tiere in bis 100 Meter Entfernung) und einem Aufmerksamkeits-Assistenten. Letzterer checkt, ob der Fahrer müde ist oder sich gerade mit anderen Dingen beschäftigt. Kommt er von "seiner" Spur ab, ertönen bei unnormalen Abweichungen oder entsprechenden Lenkbewegungen akustische und optische Warnungen.

So soll nicht nur die Sicherheit des Fahrers steigen, sondern auch seine Gelassenheit. Gerade in Ballungsräumen wie dem Großraum von Paris, in dem der französische Konzern die neue Technik als Prototyp zeigte, ein Faktor mit wirklichem Aha-Effekt. Der Fahrer konzentriert sich auf die wesentlichen Herausforderungen und kann dem Fahrzeug die übrigen Fahr-Entscheidungen überlassen.

Ab 2020 wird für alle Fahrzeuge, die auf der "EMP2" genannten Plattform des Konzerns entstehen, eine neue technische Basis genannt "Neue Elektronische Architektur NEA" eingeführt. NEA wird "over-the-air" modular und skalierbar aufgebaut, damit die Kunden sowohl die im Fahrzeug zur Verfügung stehenden Optionen wählen als auch eigene neue zügig hinzufügen können, ohne zum Händler fahren zu müssen.

Technisch wird damit die elektronische Basis geschaffen, um autonomes Fahren auch in allen künftigen Modellen zu ermöglichen. Hintergrund ist, dass die Vielzahl der künftig zum Einsatz kommenden Systeme weit mehr können, als das menschliche Auge überhaupt wahrnehmen kann. 360 Grad Rundum und 200 Meter voraus blicken mehr als 20 verschiedene Sensoren, die unterschiedliche Technologien verwenden. Dazu gehören zwölf Ultraschall-Sensoren, sechs Kameras, fünf Radar-Einheiten und ein Laser-Scanner - redundant eingesetzt, um die Sicherheit im Falle des Ausfalls eines Systems zu erhöhen. Hinzu kommen, für die optimale Positionierung des Fahrzeugs - vor allem in der Fahrspur - gleich fünf GPS-Sensor-Einheiten. Auch Galileo - ein künftiges europäisches System - ist bereits berücksichtigt.

Nicht zuletzt vervollständigt die Sensorik für Car-to-Car und Car-to-Infrastruktur Kommunikation den Datenfluss in den künftigen Autos. Die so gewonnenen aktuellen Informationen werden in Echtzeit intelligent mit den von der Lenkung, dem Brems-System sowie vom Antriebsstrang stammenden vernetzt, es entsteht ein umfassender Daten-Komplex. Eine neue Generation integrierter Multimedia Mikroprozessoren soll simultan und verzögerungsfrei die richtige Information zur richtigen Zeit an den Fahrer liefern. Das dafür notwendige neue CAN-Bus-System kann zehnmal mehr Information transportieren - 115 Megabyte pro Sekunde statt bisher zwölf MB/s Alle Systeme werden zudem redundant ausgelegt - sind also mehrfach parallel vorhanden - damit beim eventuellen Ausfall einer Komponente an Bord die anderen deren Aufgaben übernehmen. In Verbindung mit LDVS (Low Voltage Differential Signal) steigt der Speed der Datenverarbeitung um das 100-fache im Vergleich zur bisher verwendeten elektronischen Architektur.

PSA verwendet dafür - wegen der Datenhoheit - eigene Algorithmen, die im Falle eines Unfalles die richtigen Entscheidungen treffen. Vorgesehen sind die Verschlüsselung der Daten und verschiedene nacheinander operierende Firewalls, um gegen eventuelle Cyber Attacken gewappnet zu sein. Dafür muss aber auch zuvor die Infrastruktur in Europa standardisiert werden. Dies betrifft sowohl die Straßenmarkierungen und Verkehrsschilder als auch die Kommunikationsnetze. 4G-Netze (LTE) sind dafür erforderlich, besser 5G, denn die Datenmenge, die zum einen im Auto verarbeitet werden muss und zum anderen für die Car-to-Car- beziehungsweise Car-to-Infrastruktur-Kommunikation erforderlich ist, wird entsprechend signifikant steigen. Ob der notwendige Netzausbau der Innovationskraft der Automobilindustrie zuvorkommt, oder die Fahrzeug-Entwickler die Kommunikations-Netze dem Lackmus-Test unterziehen, werden wir zu Beginn des neuen Jahrzehnts erleben.

Bernhard Schoke / mid

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